vgl..
"Die Kulturlandschaft des Ostalpenraumes mit ihrer noch weit ins 6. Jahrhundert hinein
erhaltenen spätantiken Provinzstruktur wurde sowohl durch die slawische Landnahme
als auch durch die awarische Oberherrschaft und die damit verbundene Lebensordnung
völlig verwandelt44). Man könnte sogar sagen, dass die gesamte Kultur als besondere Lebensordnung im weitesten Sinne völlig verschwunden war, wobei man annehmen kann, dass sie eher abgeschafft als gewaltsam zerstört wurde, denn ihre Träger zogen teilweise weg oder wurden assimiliert. Anders als die germanischen Stämme, die sich auf dem Territorium des römischen Imperiums niederließen, waren die slawischawarischen
Siedler offensichtlich nicht bestrebt, die Kontrolle über den spätantiken Staats- und Steuerapparat zu gewinnen, und sie hatten kein Interesse, die römische Infrastruktur
aufrechtzuerhalten. Die Wende, von der nicht einmal die östlichsten Bereiche von Italien verschont blieben45), war vollständig und griff auf alle Lebensbereiche über: vom staatlich-politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen bis hin zum kulturellen, geistigen, religiösen und sprachlichen. Die komplexe Arbeitsteilung der Spätantike als Grundlage von Staat und Verwaltung, Kirchenorganisation, Städtewesen, Handel, Schrifttum und Hochkultur war untergegangen46). Der Raum bekam eine neue, slawische Sprachidentität, die bis heute erhalten geblieben ist. An die Stelle von Provinznamen traten neue wie zum Beispiel Karantanien und Carniola47)." (Štich 2014, 248)
"Die von den slawischen Gruppen und ihren awarischen Oberherren anlässlich ihrer
Landnahme im Ostalpenraum vorgefundene Bevölkerung war ihrer Herkunft nach sehr
heterogen. Die Provinzialrömer waren ein Konglomerat von illyrischen und keltischen|Resten, italischen Kolonisten und Militärveteranen. Hinzu kamen in der Spätantike
noch germanische Gruppen, in erster Linie Ostgoten und Langobarden52). Doch die Slawen
machten keinen Unterschied, zumal sie in den romanischen und romanisierten Altsiedlern
vereinfachend nur Vlahi – die Walchen sahen53). Ein Teil dieser Bevölkerung, der
sich auch wegen seiner christlichen Religion als existentiell gefährdet betrachtete, wich
vor den ankommenden Neusiedlern gegen Westen, ins byzantinische Istrien und ins
langobardische Friaul, zurück." (Štich 2014, 249 f.)
Bibliographie
- Štich 2014 = Štich, Peter (2014): Begegnung, Akkulturation und Integration am Berührungspunkt der romanischen, germanischen und slawischen Welt, Ostfildern, Thorbecke, Härtel, Reinhard, Akkulturation im Mittelalter